Klimawandel – früh erkannt – spät reagiert – Teil 1
Teil 1 – Der Klimawandel – die größte Herausforderung
In diesem Beitrag möchte ich herausstellen, dass es bereits Ende der achtziger Jahre deutliche Hinweise auf einen vom Menschen gemachten Klimawandel gab und dass es schon damals viele warnende Stimmen gab, mit dem Appell an die Politik und jeden Einzelnen, zu handeln, um eine drohende Katastrophe abzuwenden. Obwohl schon sehr früh eine deutliche Mehrheit der mit der Problematik befassten Wissenschaftler sowohl den ungewöhnlichen Anstieg der globalen Mitteltemperaturen als auch den anthropogenen Faktor als gesichert sahen, vergingen über drei Jahrzehnte bis endlich der Klimawandel heute in seiner ganzen Tragweite in der Gesellschaft angekommen ist und von den meisten der politisch Handelnden als ernstes Problem gesehen wird, dessen Lösung keinen Aufschub duldet.
Seit über 30 Jahren beschäftige ich mich beruflich wie auch privat mit den komplexen Vorgängen in der Atmosphäre, die gemeinhin als Klima ihren Ausdruck finden.
Wetter ist nicht Klima
Da die Begriffe Klima und Wetter zuweilen nicht klar unterschieden werden, hier zunächst die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale.
“Wetter” ist der stets wechselnde atmosphärische Zustand, den wir tagtäglich erfahren. Er ist charakterisiert durch Temperatur, Wind, Niederschlag, Luftfeuchtigkeit, Wolkenbedeckung und andere Merkmale. Das aktuelle Wetter ist das Resultat von schnell entstehenden und wieder vergehenden Wetterlagen wie einem durchziehenden Tiefdruckgebiet oder einer etwas länger anhaltenden Hochdruckzone. Wetter ist nur begrenzt, d.h. nicht über einige Tage hinaus, vorhersagbar.
Unter “Klima” versteht man dagegen das durchschnittliche Wetter einschließlich seiner Extremwerte über einen längeren Zeitraum an einem bestimmten Ort. “Klima” ist also nirgendwo direkt messbar, sondern eine Statistik aus vielen Messungen. Das Gebiet kann klein oder groß sein, eine Stadt oder ein Kontinent oder der ganze Globus. Der Zeitraum muss groß genug für die Bildung eines statistischen Mittelwertes sein. Als Referenzzeitraum für die Bestimmung des Klimas der Gegenwart werden 30 Jahre zugrunde gelegt, z.B. die Jahre 1961-1990. Falls die Klimavariablen, d.h. Temperatur, Niederschlag, Wind, Verdunstung usw., um einen langjährigen Mittelwert schwanken, bleibt das Klima stabil. Wenn sich der Mittelwert und die Variabilität der Extreme erkennbar verändern, liegt eine Klimaänderung vor.
(Hamburger Bildungsserver)
Wir hatten 30 Jahre Zeit das Klima zu retten – jetzt ist es (fast) zu spät.
Das Zwei-Grad-Ziel
Das sogenannte Zwei-Grad-Ziel wurde 2010 auf der Weltklimakonferenz in Cancun festgeschrieben. Es besagt, dass die Mitteltemperatur gemessen am vorindustriellen Wert auf keinen Fall mehr als 2 Grad steigen darf, denn dann würden bedingt durch Kippelemente und sich selbst verstärkende Prozesse eine weitere Erwärmung unaufhaltsam sein mit all den katastrophalen Folgen.
Um das Zwei-Grad-Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % einzuhalten, hätte das Kohlendioxidäquivalent der Konzentration der wichtigsten Treibhausgase nicht über 450 ppm steigen dürfen. Um es mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 % einzuhalten, hätte diese Konzentration nicht über 400 ppm steigen dürfen. Sie lag im Jahr 2018 aber bereits bei 496ppm. Um das Zwei-Grad-Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 % einzuhalten dürften nach Angaben des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) die Emissionen im Zeitraum von 2000 bis 2050 nicht über 1.000 Mrd. Tonnen steigen. Da allein von 2000 bis 2006 bereits 234 Mrd. Tonnen emittiert wurden, liegt das verbleibende Emissionsbudget bereits unter 766 Mrd. Tonnen. Bei gleichbleibend hohen Emissionen wäre das vorhandene Budget im Jahr 2027 ausgeschöpft. Es blieben also gerade mal 9 Jahre für einen sehr ambitionierten Ansatz. Dabei ist das Zwei-Grad-Ziel für viele Wissenschaftler ganz ungeeignet – weil viel zu hoch -da damit bereits dramatische Klimafolgen verbunden wären. So kommt dann auch der Sonderbericht “1,5 °C globale Erwärmung” des IPPC im Oktober 2018 zu dem Ergebnis, dass das Erreichen eines 1,5 Grad-Ziels auf jeden Fall anzustreben sei, um die zu erwartenden Folgen einigermaßen beherrschbar zu machen
Das 1,5-Grad-Ziel
Der Sonderbericht des IPPC vom Oktober 2018 macht folgende Kernaussagen:
- Menschliche Aktivitäten haben etwa 1,0 °C globale Erwärmung gegenüber vorindustriellem Niveau verursacht, mit einer wahrscheinlichen Bandbreite von 0,8 °C bis 1,2 °C. Die globale Erwärmung erreicht 1,5 °C wahrscheinlich zwischen 2030 und 2052, wenn sie mit der aktuellen Geschwindigkeit weiter zunimmt
- Viele Landregionen und Jahreszeiten erfahren zurzeit eine Erwärmung, die stärker ist als der globale Jahresdurchschnitt, darunter zwei- bis dreimal höhere Werte in der Arktis. Über Land fällt die Erwärmung im Allgemeinen stärker aus als über dem Ozean.
- Intensität und Häufigkeit mancher Wetterextreme wurden über Zeiträume hinweg nachgewiesen, in denen eine globale Erwärmung von etwa 0,5 °C erfolgte
- Die Erwärmung durch anthropogene Emissionen seit vorindustrieller Zeit bis heute wird für Jahrhunderte bis Jahrtausende bestehen bleiben und wird weiterhin zusätzliche langfristige Änderungen im Klimasystem bewirken, wie zum Beispiel einen Meeresspiegelanstieg und damit verbundene Folgen
- Das Erreichen und Beibehalten von netto null anthropogenen CO2-Emissionen würden die anthropogene globale Erwärmung über Zeiträume in der Größenordnung von mehreren Jahrzehnten zum Stillstand bringen
- Die klimabedingten Risiken für natürliche und menschliche Systeme sind bei einer globalen Erwärmung um 1,5°C höher als heute, aber geringer als bei 2 °C
- Es wird Unterschiede geben zwischen heutigen Bedingungen und einer globalen Erwärmung um 1,5 °C sowie zwischen 1,5 °C und 2 °C. Zu diesen Unterschieden gehören Zunahmen von: der Mitteltemperatur in den meisten Land- und Ozeangebieten, Hitzeextremen in den meisten bewohnten Regionen, Starkniederschlägen in mehreren Regionen und der Wahrscheinlichkeit für Dürre und Niederschlagsdefizite in manchen Regionen.
Fazit:
Das Zwei-Grad-Ziel können wir eigentlich vergessen, wenn schon 1,5 Grad schwerwiegenden Folgen bedeutet, wenn auch die meisten Kipp-Punkte erst ab etwa 2 Grad erreicht werden. Welche Folgen eine Erwärmung um weitere 0,5 Grad gegenüber heute hätte, lässt sich schon jetzt an den Veränderungen in der Häufigkeit und Intensität einiger Klima- und Wetterextreme ablesen.
Eine der Kernbotschaften dieses Berichts ist, dass wir schon jetzt die Konsequenzen von einem Grad Erwärmung in Form von mehr Extremwetter, steigenden Meeresspiegeln, schwindendem arktischen Meereis und weiteren Veränderungen sehen. (Panmao Zhai, Co-Leiter der IPCC-Arbeitsgruppe I).
Point of no return – Die Kippelemente
Als Kippelement (englisch Tipping Element) wird ein Teil des globalen Klimasystems bezeichnet, der bereits durch geringe äußere Einflüsse in einen neuen Zustand versetzt werden kann, wenn er einen „Kipp-Punkt“ erreicht hat. Diese Änderungen können sich abrupt vollziehen und zum Teil unumkehrbar sein. Ein schon jetzt gravierender Vorgang zeigt sich im Abschmelzen des Arktis-Eises. Hier haben wir bereits eine Zunahme der Mitteltemperatur seit 1970 um über 2 Grad und eine Abnahme der Meereisbedeckung im Sommer um 40%. Durch die dadurch verringerte Albedo (Reflektionsfähigkeit) erwärmt sich das Meerwasser immer stärker, was wiederum zu höheren Lufttemperaturen führt, die wiederum noch mehr Eis schmelzen lassen. So kommt es auch ohne weitere anthropogene Beeinflussung zu dramatischen folgen.
Das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung nennt die wichtigsten Tipping Points:
1. Schmelzen des Arktischen Meereises: Eis-Albedo Rückkopplung
2. Verlust des Grönland-Eispanzers: Meeresspiegelanstieg bis zu 7m
3. Kollaps des Westantarktischen Eisschildes: Meeresspiegelanstieg bis zu 3m
4. Teilkollaps in der Ostantarktis: Meeresspiegelanstieg durch Eisverlust
5. Auftauen der Yedoma-Dauerfrostböden: Freisetzung von riesigen Mengen CO2 und Methan
6. Methan-Ausgasung aus den Ozeanen: Abbau von Methanhydrat, das freigesetzte Methan wirkt als starkes Treibhausgas und wird letztlich zu CO2 oxidiert
Der Klimawandel zeigt sich schon heute
Hitzewellen in Europa
Seit Beginn des neuen Jahrhunderts wurde Europa mehrfach von starken Hitzewellen heimgesucht. Zumeist waren davon größere Gebiete betroffen. So erstreckte sich die Hitzewelle 2003 über fast ganz Mittel- und Südeuropa, und von der Hitzewelle 2015 waren zunächst West- und anschließend Mittel-Osteuropa betroffen. Die Hitzewellen 2010 und 2017 erstreckten sich über das westliche Russland bzw. mehrere Mittelmeerländer. Die jüngste Hitzewelle 2018 ereignete sich über ganz Skandinavien und das nordwestliche und zentrale Mitteleuropa. Diese Hitzewelle zeichnete sich vor allem durch langanhaltende hohe Temperaturen von April bis August und eine starke Trockenheit aus.
Immer weniger Meereis
Das arktische Meereis hat bisher vor allem im September, dem Monat seiner geringsten Ausdehnung, stark abgenommen. Im September 2016 wurde zwar nicht das bisherige Minimum vom September 2012 erreicht. Die Meereisausdehnung war aber etwa genau so gering wie im September 2007, als der bisher zweitniedrigsten Wert beobachtet wurde. Ende 2016 verzeichnete aber das November-Eis ein seit Beginn der Satellitenmessungen nie dagewesenes Minimum mit fast 3 Mio. km² unter dem Mittel der 1980er Jahre.
Noch viel erstaunlicher aber war zur selben Zeit die Entwicklung der Ausdehnung des antarktischen Meereises. Das antarktische Meereis nahm in den letzten Jahrzehnten eher leicht zu, worüber es verschiedene Erklärungsversuche gibt. Im November 2016, d.h. im Frühsommer der Südhalbkugel, lag die Ausdehung jedoch entgegen dem bisherigen Trend mit fast 2 Mio km² unter dem Mittel der Jahre 1981-2010 – weit unter allen bisherigen Werten für November seit 1978, dem Beginn der Satellitenbeobachtung.
12 der 14 wärmsten Jahre seit 1850 liegen im neuen Jahrhundert!
Nach der Jahrhundertwende schien es zunächst, als ob sich die globale Mitteltemperatur trotz einer steigenden Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre nicht weiter erhöhen würde. Die Werte im neuen Jahrhundert lagen nur bei wenigen Jahren geringfügig über dem Spitzenjahr am Ende des letzten Jahrhunderts, 1998. In manchen Medien wurde ein Aussetzen des Klimawandels ausgerufen und in der Wissenschaft wurde nach Gründen für die “Klimapause” gesucht. Mit den Daten der Jahre 2014 bis 2018 meldete sich jedoch der Klimawandel zurück. Die Jahresmitteltemperatur des Jahres 2014 lag deutlich über den bisherigen Rekordwerten, obwohl es 2014 keinen El Niño gab. Jene ungewöhnliche Erwärmung im tropischen Pazifik mit globalen Auswirkungen hatte 1998 zu einem warmen Rekordjahr gemacht und hat aktuell dazu beigetragen, dass 2015 und 2016 als die bisher wärmsten je gemessenen Jahre das Jahr 2014 noch einmal deutlich übertroffen haben. 2017 und 2018 gehörten dann aber trotz eines schwachen La-Niña-Einflusses ebenfalls noch zu den vier wärmsten Jahren seit Beginn der Messungen
Anstieg des Meeresspiegels bislang um 21cm
Global liegen etwa 2 Millionen km² Land weniger als 2 m über der mittleren Hochwasserlinie. Gerade diese Grenzzone zwischen Land und Meer ist durch besonders artenreiche Ökosysteme ausgezeichnet und hier hat sich auch der Mensch bevorzugt angesiedelt. 1995 lebten ca. 60 Millionen Menschen auf Landflächen, die weniger als 1 m über dem Meeresspiegel lagen, und 275 Millionen in weniger als 5 m. Acht der zehn größten Städte der Welt liegen gegenwärtig in niedrigen Küstenbereichen, in denen zugleich die Wachstumsrate der Bevölkerung doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt ist. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts werden daher wahrscheinlich 130 Millionen Menschen in den tiefen Küstenbereichen bis zu 1 m und 410 Millionen bis 5 m über dem Meer leben.
Nicht nur der bloße Anstieg des Meeresspiegels stellt für die tiefer liegenden Küstenzonen eine Gefahr dar. Wichtig sind auch die mit dem Anstieg unmittelbar verbundenen Folgen. Dazu gehören die Erosion von Küstengebieten, ein höheres Auflaufen von Sturmfluten und die Versalzung von Grundwasser durch das Eindringen von Meerwasser.
(nach Wiki Bildungsserver)
Climate Engineering
Trotz zahlreicher Warnungen aus der Wissenschaft vor den Folgen des Klimawandels zeigen die internationalen Bemühungen um den Klimaschutz nur wenig Wirkung. Die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre steigt mit 3,1 % pro Jahr unvermindert an und liegt inzwischen bei über 400 ppm. Angesichts dieser Entwicklung halten es viele Wissenschaftler für kaum noch möglich, dass das allgemein anerkannte Klimaziel, den globalen Temperaturanstieg auf 2 °C oder gar 1,5 °C zu begrenzen, erreicht werden kann. Daher werden zunehmend Eingriffe in das Klimasystem diskutiert, die die Auswirkungen des Klimawandels begrenzen sollen. Solche Eingriffe werden unter dem Begriff Climate Engineering zusammengefasst. Dabei geht es zum einen um die nachträgliche Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre und zum anderen um die Beeinflussung der Sonneneinstrahlung.
Heute stößt Geoengineering in der Öffentlichkeit, vor allem in Europa, auf große Skepsis. Eine weitverbreitete Ansicht ist, dass Geoengineering Anstrengungen untergraben würde, sich auf die Ursache des Problems der Treibhausgasemissionen zu konzentrieren. Die meisten Wissenschaftler glauben zudem, dass unbekannte Risiken eine Gefahr darstellen. Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach der politischen Verantwortung und damit der Realisierung eines solchen globalen Projekts.
Bernd Riebe 2019
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