Energiewende – Es geht auch ohne Kohle und Öl

Bis zum Jahr 2050 könnten erneuerbare Energien den Strom- und Wärmebedarf zu 100% decken.

Die immer wieder angeführten Argumente gegen den Ausbau erneuerbarer Energien zielen im Wesentlichen ab auf die Versorgungssicherheit, die wegen der naturgegebenen Schwankungen der Wind- und Solarenergie nicht gewährleistet sei und daher konventionelle Kraftwerke benötigt würden. Dagegen zeigen Studien, dass eine sichere 100%ige Versorgung mit erneuerbaren Energien sowohl im Strom- als auch im Wärmebereich möglich ist. Als Zieldatum wird allgemein 2050 angenommen.

Grundsätzlich wird ein zukünftiges System erneuerbarer Energien, das im Jahr 2050 Treibhausgasneutralität erreicht, von erheblichen Residuallasten geprägt sein. Das bedeutet, dass abhängig von täglichen und saisonalen Schwankungen des Wind- und Solarangebots erhebliche Energiemengen zur Deckung des Bedarfs bereitgestellt werden müssen. Hier ist es an erster Stelle der Wärmeverbrauch im Winter, der verlangt, dass Energie aus den erzeugungstarken Sommermonaten gespeichert und im Winter abgegeben wird. Hier eignen sich Speicher erneuerbarer Gase. Überschüssige erneuerbare Strommengen, die vor allem in den Sommermonaten bei geringerer Stromnachfrage anfallen, werden durch Power to Gas (PtG)-Anlagen synthetisiert und in das Gassystem integriert.

Power-to-Gas (PtG)

Die Power-to-Gas Technologie erlaubt es, die Sektoren Strom und Gas zu koppeln, indem
Strom aus erneuerbaren Energien in synthetische Gase wie Wasserstoff oder Methan umgewandelt wird.
Wasserstoffproduktion (Option 1 in Abbildung 8) und Methanproduktion (Option 2-4 in Abbildung
8) unterschieden werden. Die Produktion von Wasserstoff basiert auf zwei Einsatzstoffen: Strom und Wasser. Zur synthetischen Herstellung von Methan ist Wasserstoff als Eingangsstoff erforderlich. Die Weiterverarbeitung des Wasserstoffes in Methan erfolgt über die zusätzliche Verwendung von Kohlenstoff in Form von CO2. Die verschiedenen Optionen der Methanproduktion beziehen sich auf unterschiedliche Methoden der CO2-Gewinnung.
Da ist einmal die Nutzung von CO2, welches bei der Produktion von Biogas oder Klärgas anfällt und zum anderen CO2, das aus der Luft gewonnen wird.
Sofern der Strom zur synthetischen Herstellung von Wasserstoff und Methan aus erneuerbaren
Energiequellen stammt, können synthetische Gase neben Biomethan als Erneuerbare Gase bezeichnet werden. Dies gilt auch für synthetisch hergestelltes Methan, weil die Treibhausgasneutralität über den Stoffkreislauf sichergestellt ist. Bei Verbrennung wird lediglich die Menge CO2 freigesetzt, die zuvor bei der Herstellung des Methans auch gebunden wurde.
Power to Liquid (PtL)


Bei der PtG-Technologie wird mittels Elektrolyse aus Wasser und Strom Wasserstoff hergestellt.
Während dieser Wasserstoff in Kombination mit CO2 bei PtG für die Produktion von
Methan genutzt wird, werden die gleichen Bestandteile (Wasserstoff und CO2) bei der
Power-to-Liquid-Technologie für die Herstellung von flüssigen Kraftstoffen (Kerosin, Diesel,
Benzin) genutzt. Analog zu PtG entstehen bei PtL, durch die Verwendung Erneuerbarer
Energien zur Bereitstellung der notwendigen Strommengen, erneuerbare liquide Brennstoffe
(EE-Kerosin, etc.). Das hauptsächlich zur Anwendung kommende sog. Fischer-Tropsch-Verfahren
erlaubt es jedoch nicht, nur einen der drei Kraftstoffarten separat herzustellen. Es entsteht
immer ein Gemisch, das zu höchstens 50% aus Kerosin und zu jeweils ca. 25% aus
Diesel und Benzin8 besteht. PtG ist im Grundsatz PtL immer vorzuziehen, weil PtL sehr hohe Investitionskosten aufweist und über deutlich niedrigere Wirkungsgrade verfügt. Die Investitionskosten der PtL-Anlagen
sind mehr als doppelt so hoch im Vergleich zu PtG.
Gasspeicher verfügen über die Möglichkeit, große Energiemengen aufzunehmen, zu speichern und hohe Leistungen über längere Zeiträume bereitzustellen.

Batteriespeicher
Batteriespeicher können im Vergleich zu ihrem Energieinhalt große Leistungen bereitstellen, dies jedoch nur über sehr kurze Zeiträume bevor ihr Energieinhalt erschöpft ist und neu geladen werden muss.
Batteriespeicher als kommerziell einsetzbare Power-to-PowerTechnologie (PtP) sind besonders dafür geeignet in kürzester Zeit elektrische Energie zur Verfügung zu stellen, Batterie-Speicherkraftwerke dienen primär zur Erbringung von Systemdienstleistungen. Ein Anwendung im kleineren Rahmen ist die Netzstabilisierung in Stromnetzen mit ungenügender Regelleistung. Ein weiterer, wesentlicher Anwendungsbereich ist der Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch, insbesondere der Leistungsausgleich von nicht nachfrageorientierten erneuerbaren Energiequellen wie Wind- und Solarstromkraftwerken. Speicherkraftwerke erlauben in diesem Anwendungsbereich die Einsetzung höherer Anteile erneuerbarer Energieträger.[

Gemeinsam mit dem Energieversorger WEMAG bauen das Berliner Unternehmen Younicos in Schwerin Europas größten technisch eigenständigen Batteriepark zum Ausgleich kurzfristiger Netzschwankungen. Die 5 MW/5 MWh-Anlage auf Basis von Lithium-Ionen-Technologie ist die erste kommerziell betriebene Batterie ihrer Art und  efinanziert sich über die Teilnahme am Primärregelleistungsmarkt. Das Umweltinnovationsprogramm des Bundesumweltministeriums fördert dieses Projekt.

Sektorkopplung
Wichtig in diesem Zusammenhang ist es, das Energiesystem ganzheitlich und gekoppelt zu betrachten und nicht nur den Stromsektor. So liegt der Sinn der sog. Sektorkopplung darin, über die verschiedenen Sektoren des Energiesystems einen sehr flexiblen Stromverbrauch zu schaffen, der die nötige Flexibilität aufweist, um die Erzeugungsschwankungen der variablen erneuerbaren Energien aufzunehmen. Während z. B. Ansätze, die nur den Stromsektor alleine betrachten, oft vergleichsweise hohe und teure Stromspeicherkapazitäten erfordern, ermöglichen sektorgekoppelte Energiesysteme einen geringeren Einsatz von vergleichsweise teuren Stromspeichern, da die schwankende Erzeugung von Wind- und Solarstrom nicht mehr nur im Stromsektor ausgeglichen werden muss, sondern unter anderem auch Wärmesektor oder Verkehrssektor die nötige Flexibilität zum Ausgleich der Schwankungen liefern können.[23] So sind z. B. große Fernwärmespeicher derzeit die günstigste Form der Energiespeicherung überhaupt.

Wärmespeicher
Hier handelt es sich meist um drucklose mit Wasser gefüllte Gefäße mit bis zu mehreren Zehntausend Kubikmetern Füllmenge.
Der Wärmesektor wird im Rahmen der Energiewende noch wichtiger als der Stromsektor. Dieser ist mit einem Energiebedarf von rund 1.300 TWh mehr als doppelt so groß wie der Stromsektor mit rd. 600 TWh. Daher kann die Energiewende  nur gelingen, wenn neben der Strommarktwende auch eine Wärmewende vollzogen wird. Damit aber Strom- und Wärmesektor bei weiterem Ausbau fluktuierender Stromerzeuger stärker gekoppelt werden können, sind vor allem zwei Technologien entscheidend: Große Wärmespeicher und Power-to-Heat-Anlagen. Schon jetzt spielen große Wärmespeicher vor allem bei der Flexibilisierung der KWK eine große Rolle. Diese Entwicklung wird mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien anhalten. Soll auch die Wärmewende gelingen, müssen Power-to-Heat-Technologien verstärkt zur Verwertung erneuerbaren Stroms eingesetzt werden.
Mit der Speicherung auf der thermischen Seite kann der Anlagenbetrieb flexibilisiert werden, was die Systemintegration von erneuerbaren Energien unterstützt. Der Fernwärmespeicher wirkt im Zusammenspiel mit der KWK-Anlage wie ein elektrischer Energiespeicher (EES): bei hohem Angebot wird Energie aus dem Netz aufgenommen, bei geringem Angebot wird Energie ins Netz eingespeist.

Die beiden Charts des Fraunhofer ISE zeigen deutlich wie sich die beiden Energiesysteme Wind und Solar – übers Jahr gesehen – weitgehend komplementär verhalten.

Ein weiterer wichtiger Faktor, der zum Gelingen der Energiewende beiträgt, ist die Dezentralisierung des Energiemarktes, hier sind es insbesondere die Städte und Kommunen, die einen hohen Anteil an Eigenversorgung leisten können.
Hierbei unterstützt das Fraunhofer ISE Städte und Kommunen bei der Optimierung ihrer-Energiesysteme:
„Nachhaltige kommunale Energiesysteme zeichnen sich durch fluktuierende Solar- und Windenergie, verstärkte Kopplung des Strom-, Wärme- und Mobilitätssektors und Integration von Speichern aus. Mit erneuerbaren Energien, Energieeffizienz, Smart Grid, Smart Home, der intelligenten Be- und Entladung von Elektromobilen, Strom- und Wärmespeichern, Gebäuden, die sich dem Energieangebot anpassen, sowie einem intelligenten Energiemanagement werden integrierte Energiesysteme möglich, die sich durch einen hohen Eigenversorgungsanteil und lokale Wertschöpfung auszeichnen.“
Quellen:
INES Initiative Erdgasspeicher e.V. / BWE Bundesverband Windenergie e.V. Erneuerbare Gase – ein Systemupdate der Energiewende
Fraunhofer ISE

Bernd Riebe, OKT 2018

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