Ein Besuch der Museumsinsel Hombroich
Die Museumsinsel Hombroich, ist nicht wirklich eine Insel. Das Kunstmuseum mit seinen freistehenden Ausstellungspavillons liegt in einer Park-und Auenlandschaft am nördlichen Ufer der Erft. Die Erft ist ein 106 Kilometer langer Nebenfluss des Rheins, der drei Landkreise, darunter den Rhein-Kreis-Neuss, durchfließt. In der Auenlandschaft der Erft bei Neuss-Holzheim entstand im November 1996 die Stiftung Insel Hombroich als gemeinnützige Kulturstiftung des Landes NRW. Gründungsmitglieder waren der Immobilienmakler und Kunstsammler Karl-Heinrich Müller, der Rhein-Kreis-Neuss und die Stadt Neuss. Die Stiftung ist ihrem Selbstverständnis nach Träger eines „Kulturraumes“ oder „Kulturlabors“. Seit 1982 entstand das Museum Insel Hombroich, das Natur, Gebäude und Sammlungsstücke zusammenbringt. Außerdem haben einige Künstler ihre Ateliers auf der Museumsinsel und auf der benachbarten Raketenstation Hombroich, darunter der bekannte Künstler Anatol Herzfeld.
Betritt der Museumsbesucher die Museumsinsel durch den Eingangspavillon, in dem sich auch die Kasse und ein recht kleiner Einkaufsbereich – mit Kunstkarten und einigen Kunstbüchern – befindet, glaubt er zuerst, sich in einer freien Auenlandschaft zu befinden. Von einem erhöhten Standpunkt auf einer Mittelterrasse aus dem Quartär, schaut er über weite Flächen, in denen sich vereinzelte Pavillons aus Natursteinen befinden, die sich perfekt in die Landschaft einfügen. Über eine recht steile Metalltreppe – die Museumsinsel ist leider nicht behindertengerecht – gelangt der Besucher zum Auenbereich der Erft. Ein schmaler Schotterweg führt vorbei an kleinen Tümpeln – im Sommer besiedelt von hunderten laichender Frösche – Kopf- und Trauerweiden durch eine flache Landschaft. Hier blühen vom Frühling bis in den Herbst die schönsten Blumen. Der Reigen wird eröffnet von Hasenglöckchen, Schlüsselblumen, Waldmeister und Bärlauch, führt über Lupinen, die die Landschaft mit ihrem Violett überziehen, zu den weißen Margeriten und schließlich im Herbst zu den Herbstzeitlosen, die hier sehr üppig wachsen und den ausladenden Flächen rosa und weißer Alpenveilchen. So ist ein Spaziergang durch diese Erftauen für Naturliebhaber zu jeder Jahreszeit ein Genuss. Zahlreiche Wasservögel sind in den Auen heimisch oder rasten hier teilweise auch als Durchzügler. Wer kann schon von sich sagen, auf dem Gelände eines Kunstmuseums den Revierkämpfen der Ganter der Kanadagans aus der Nähe beigewohnt zu haben?
Gleich der erste Pavillon, den der Besucher auf seinem Weg betritt, gibt Rätsel auf. Er ist hoch, hell und leer. Kunst sucht man hier vergeblich. Der „Turm“ genannte Pavillon ist eine begehbare Skulptur. Vielleicht soll hier die Natur als Gemälde fungieren, die durch vier, nach den Himmelsrichtungen ausgerichteten, hohen schmalen Türen zu bestaunen ist? Mit ein wenig Einfühlungsvermögen kann man die sich bietenden Naturausschnitte tatsächlich als Abbildungen der Natur interpretieren, die durch die begrenzten Ausschnitte das Augenmerk auf die Blumen und das Gras lenken.
Doch schon bald kommt der nächste der insgesamt zehn Pavillons in Sicht. Diese Gebäude, die der
vielseitigen Sammlung des Gründers Karl-Heinrich Müller Ausstellungsfläche bieten, wurden als begehbare Skulpturen vom Künstler Erwin Heerich entworfen, der dabei mit geometrischen Formen spielte. Auf eine künstliche Beleuchtung verzichtete Heerich in fast allen Gebäuden, denn er vertrat die Meinung, dass die natürlichen Lichtverhältnisse ein gemaltes Bild verändern, was ein interessantes Spannungsfeld ergibt.
Erwin Heerich errichtete 1985 einen Brunnen auf dem Areal der Museumsinsel, das einzige Kunstwerk der Sammlung, das sich direkt mit dem Element Wasser auseinandersetzt. Der Brunnen steht im hinteren Winkel des Parks und ist je nach Jahreszeit und Pflanzenbewuchs nur schwer zu finden.
Die Pavillons mit ihren geometrischen Grundrissen von oft erstaunlich großer, bis hin zu sehr geringer Grundfläche, beherbergen Kunstwerke aus verschiedenen Kunstepochen und Ländern. Befremdlich mutet es an, dass keine Schildchen oder sonstige Hinweise auf die Urheberschaft hinweisen, dass auch bei fernöstlichen, antiken Kunstwerken weder eine zeitliche noch eine geographische Zuordnung erfolgt. Der Museumsbesucher ist allein auf die Nennung der Künstler im Übersichtsplan des Museums angewiesen, in dem bei jedem Pavillon die ausgestellten Künstler genannt sind.
In den Pavillons selbst, sind Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Skulpturen und bildhauerische Arbeiten gleichwertig nebeneinander präsentiert. Es gibt nur zwei Gebäude, in denen ausschließlich Werke eines einzelnen Künstlers gezeigt werden, der Pavillon mit Skulpturen von Erwin Heerich und das Gebäude mit den Monumentalgemälden von Norbert Tadeusz.
Inmitten all der Kunst und Natur darf natürlich auch das leibliche Wohl nicht unbeachtet gelassen werden. In einem Pavillon, der leider ein Glasdach hat und deshalb bei sonnigem Wetter eine recht hohe Raumtemperatur aufweist, ist den ganzen Tag lang aufgetischt. Hier kann sich der Besucher – die Speisen und Getränke sind im Eintrittspreis von z. Zt. 15,- Euro enthalten – an einem Buffet mit Pellkartoffeln, Brot, Butter, Apfelmus, Pflaumenmus, Äpfeln, Kaffee und Mineralwasser versorgen. Das Essen ist rheinisch, einfach und köstlich.
Eine Besonderheit soll hier noch hervorgehoben werden. In einem der Gebäude sind Zeichnungen von Louis Corinth, Gustav Klimt, Giovanni Giacometti und Originallithografien von Rembrandt ausgestellt.
Insgesamt sind die ausgestellten Werke überwiegend von weltbekannten Künstlern. So gibt es dort Arbeiten von Jean Fautrier, Lovis Corinth, Hans Arp, Kurt Schwitters, Alexander Calder, Yves Klein, Gotthard Graubner und von Anatol Herzfeld.
Gotthard Graubner lebte und arbeitete bis zu seinem Tod, am 24. Mai 2013 in seinem Atelierhaus auf der Museumsinsel. Auch Anatol Herzfeld hat hier sein Atelier. Seine großen Metall- und Steinskulpturen spielen eine herausragende Rolle in der Auenlandschaft des Museums. An vielen Stellen begegnen dem Besucher Armeen von Metallsoldaten, die in Reih und Glied aufgestellt sind. In viele Findlinge aus der Eiszeit wurden von Anatol Gesichter oder Figuren gehauen und liegen nun in eindrucksvollen archaisch anmutenden Steinkreisen in der Landschaft. Rund um Anatols Atelier findet der Interessierte skurrile Gegenstände aus Metall und Holz und auch Fotografien und Zeitungsartikel, die vom künstlerischen Leben Anatols erzählen.
An einem Tag auf der Museumsinsel Hombroich, wird der kunst- und naturliebende Besucher voll und ganz auf auf seine Kosten kommen und er wird ganz sicher künftig zurückkommen. Das Konzept Natur und Kunst geht voll und ganz auf. Ein Aufenthalt auf der Museumsinsel ist ein Genuss für Geist und Seele.
Text und Fotos: © Xenia Marita Riebe
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Ich freue mich, dass ich dieses Museum gefunden, über die Suche nach Bildern von Norbert Tadeusz. Wir waren vor einiger Zeit mal wieder in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall und haben zwei Bilder von ihm noch einmal angesehen. Im Kalender der Kunsthalle von 2020 ist eines davon abgedruckt; mein Mann hat es für mich organisiert und steht auf einer kleinen Staffelei. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich es ansehe.
Vielleicht fahren wir doch in diesem Jahr zu der Museumsinsel, nachdem dort einige Bilder von N. Tadeusz zu sehen sind.