Der Komposthaufen im Naturgarten
Seit über dreißig Jahren habe ich in meinem Garten einen Komposthaufen. Einst unwissend, begann ich einfach damit, Gartenabfälle und Gemüseabfälle aus der Küche im Garten zu einem Haufen aufzuschichten. Ich tat dies eher sporadisch, denn zu dieser Zeit wohnte ich noch auf der ersten Etage und musste mit meinem Eimerchen voller Bioabfällen eine Außenwendeltreppe hinunter und in den hinteren Teil des Gartens gehen. Auch waren meine damaligen Nachbarn nicht einverstanden mit meinem Kompost und nannten diesen sogar „Müllhaufen“. Wie gesagt, damals nutzte ich den Kompost mehr aus einem Gefühl heraus oder weil ich irgendwo gelesen oder gehört hatte, dass es sinnvoll ist, einen Komposthaufen im Garten zu haben.
Ich war zu dieser Zeit eine Heimbäckerin, wenn auch keine Eigenbrötlerin. Ich hatte im Keller große Säcke mit Hafer, Weizen und Roggen stehen. Dieses Getreide mahlte ich, für jedes Brot, das ich backen wollte, in meiner Getreidemühle von Messerschmidt. Eines Tages war mein Getreide von Käfern befallen und ich schüttete es auf den Komposthaufen, denn es war in meinen Augen ein biologischer Rohstoff, aus dem, wenn schon kein Brot, dann wenigstens neue Erde werden sollte. Dies war im Spätherbst. Dann im ersten kalten Wintermonat begann ich das Prinzip Kompost zum ersten Mal zu verstehen. Ich schaute zufällig aus meinem Küchenfenster und sah im hinteren Teil des Gartens etwas dampfen. Ziemlich viel warme Feuchtigkeit kondensierte dort in der kalten Luft. Neugierig ging ich hinunter und sah, dass es das Getreide war, das den oberen Teil des recht kleinen Komposthaufens bildete und das nun dampfte, als würde es in einem Topf erhitzt. Mein Interesse war geweckt!
Im Fachhandel kaufte ich noch am selben Tag ein Kompostthermometer und steckte es in meinen Komposthaufen. Und siehe da, das Thermometer kletterte geschwind auf sage und schreibe 72°C.
Wie kommt es zu solch hohen Temperaturen im Kompost?
Die Bioabfälle aus der Küche und die Grünabfälle aus dem Garten werden zu Beginn der Kompostierung von Mikroorganismen abgebaut. Durch diesen Abbauprozess wird Energie freigesetzt, die in Form von Wärme auftritt, denn die Mikroorganismen benötigen nur einen Teil (20%) des organischen Kohlenstoffs für ihren Stoffwechsel. Da im Komposthaufen meist eine schlechte Wärmeleitung oder Wärmeabfuhr herrscht, führt dies zur Selbsterhitzung des Kompostmaterials. Herrscht in einem Komposthaufen eine Temperatur von 60°C. bis 70°C. spricht man von Heißrotte, unterhalb dieser Temperatur von Kaltrotte. Dabei hängt die Temperatur unmittelbar mit der Zusammensetzung der Mikroorganismen zusammen und mit dem Verlauf des aeroben Abbaus des Kompostmaterials. Eine gute Durchlüftung des Komposthaufens spielt bei der Umsetzung der Kompostabfälle ebenso eine wichtige Rolle, wie auch eine gute Durchfeuchtung.
In der Anfangsphase der Kompostierung herrschen im Kompostmaterial Organismen vor, die mittlere, nicht extreme Umweltbedingungen bevorzugen. Diese nennt man mesophile Organismen. Sie kommen mit geringer Feuchtigkeit und Temperatur zurecht und sind bei Temperaturen von 10°C. bis 45°C. und in den ersten 12 bis 24 Stunden aktiv. Erwärmt sich der Komposthaufen dann auf über 45°C., steigt die Anzahl der thermophilen Organismen stark an, bis eine Temperatur von 55°C. erreicht ist. Oberhalb dieser Temperatur und bis 75 °C nimmt die thermophile Population kontinuierlich ab. Die Aktivität der meisten Organismen nimmt bei einer Temperatur über 75°C. erheblich ab, aber auch bei Temperaturen unter 5°C.. Bleibt die Temperatur im Komposthaufen für mehrere Tage höher als 60 °C, kann von einer Abtötung der Mikroorganismen und der Unkrautsamen im Kompostmaterial ausgegangen werden.
Wasser beschleunigt die Kompostierung
Ohne Wasser kein Leben, das gilt auch für den Komposthaufen. Die Mikroorganismen brauchen Wasser, um den Verrottungsprozess durchzuführen. Dabei wird das Wasser zum Trägermaterial der Mikroorganismen. Das Kompostmaterial quillt auf und so können die Organismen leichter in die verschiedenen Stoffe eindringen. Auch werden die Feststoffbestandteile des Kompostgutes von einem Wasserfilm umgeben, was für den aeroben Abbau wichtig ist. Ein Wassergehalt von 40% bis 60 % im Kompostiergut ist für den Abbau optimal. Bei Trockenheit sollte deshalb immer etwas Wasser zugegeben werden, denn aufgrund der Selbsterwärmung des Komposthaufens verdunstet das enthaltene Wasser sehr schnell. Um eine gleichmäßige Verteilung des Wassers zu erreichen und frischen Sauerstoff einzubringen, sollte der Kompost ab und zu gut durchgemischt werden. Dies geschieht am besten durch Versetzen des Haufens. Dafür schaufelt man mit der Mistgabel den Kompost auf eine leere Stelle in unmittelbarer Nähe und anschließend wieder auf den alten Standort zurück. Ist der Wassergehalt im Kompostgut zu niedrig – weniger als 30% – werden die Aufnahme und der Transport von Nährstoffen erschwert und der Kompostierungsprozess gebremst. Enthält das Kompostmaterial weniger als 20 % Wasser, kommt der mikrobielle Abbauprozess völlig zum Erliegen. Ebenfalls ungünstig für den Prozess ist ein zu hoher Wassergehalt. Bei mehr als 70 % Wasser steht den Mikroorganismen nur noch wenig Sauerstoff zur Verfügung. Es entstehen schnell anaerobe Bedingungen und Fäulnisgeruch.
Würmer und andere Lebewesen im Komposthaufen
Neben den mikroskopisch kleinen Lebewesen, wie Bakterien, Springschwänze und Milben, leben in einem gut funktionierenden Komposthaufen unzählige Kompostwürmer. Die 10 cm langen Kompostwürmer (lateinisch: Eisenia fetida) leben in der oberen Bodenschicht, wo sie ausreichend organische Stoffe – abgestorbene Pflanzenreste usw. – vorfinden. Noch besser lebt es sich aber als Kompostwurm in einem Komposthaufen, denn hier gibt es für den Wurm Nahrung im Überfluss. Durch die lockere Struktur im Kompost kann er sich zudem sehr leicht fortbewegen. So arbeitet er sich durch das Kompostmaterial und verstoffwechselt es. Dadurch trägt er wesentlich zum Umsatz der Garten- und Bioabfälle bei. Die Ausscheidungen des Kompostwurms enthalten konzentrierte Nährstoffe, die nach dem Ausbringen der reifen Komposterde auf die Beete von den Pflanzen besonders gut aufgenommen werden können.
Für mich sind die Kompostwürmer, neben dem gemeinen Regenwurm (lateinisch: Lumbricus terrestris), den ich in meinem Artikel „Der naturnahe Garten“ beschrieben habe, meine fleißigsten Helfer im Garten. Ihnen zolle ich Respekt für ihre Arbeit. Ein ausgewachsener Kompostwurm frisst z. B. pro Tag etwa die Hälfte seines eigenen Körpergewichts und setzt es damit zu Humus um. Um dies zu leisten, benötigt er aber ein feuchtes Milieu und Temperaturen von etwa 20-25 °C
An heißen Sommertagen, wenn die Temperatur über 30 °C steigt verkriechen sich die Kompostwürmer in tiefere Bodenschichten. Das ist für den Kompostiervorgang wenig zuträglich. Auch deshalb ist es wichtig, im Sommer den Komposthaufen immer schön feucht zu halten.
Im Kompost leben aber nicht nur Mikroorganismen wie Algen, Pilze und Bakterien. Neben diesen und dem Kompostwurm findet man auch Tausendfüßler, Insekten, Asseln, Spinnen, Schnecken, Borstenwürmer, Springschwänze, Horn- und Raubmilben, Fadenwürmer und Einzeller. Dies zeigt, wie wichtig ein Komposthaufen für das allgemeine Leben im naturnahen Garten ist, denn diese Lebewesen produzieren nicht nur die wertvolle Komposterde, sondern sie dienen auch andern Tieren und den Gartenvögeln als Nahrungsquelle.
Gäste am Komposthaufen
Ein gern gesehener Gast im Garten ist der Igel. Er frisst mit Vorliebe Schnecken und andere ungeliebte Gartenbewohner. Der Igel überwintert gerne in Hecken, Laub- oder Reisighaufen oder im Kompost. Dort sollte er möglichst nicht gestört werden. Solltest du im Winter beim Bearbeiten des Komposthaufen einen Igel finden, quartiere ihn bitte an einen geschützten Ort um.
Mäuse (Schermaus und Feldmaus) mögen die Bioabfälle aus der Küche, die sie auf dem Kompost finden. Sie suchen den Kompost wegen seiner Wärme für den Bau ihres Nestes auf. Wenn allerdings die Temperatur im Kompost auf 40° bis 50° C steigt, wird dies den Mäusen zu heiß und sie suchen das Weite.
Die Ratte, hier vor allem die Wanderratte, ist ein oft gesehener Gast am Kompost. Sie kann sich von praktisch allen organischen Abfällen ernähren. Zur Verdauung braucht die Ratte allerdings sehr viel Wasser, weshalb sie meistens in der Kanalisation oder in feuchten Kellern lebt.
Die Spitzmaus ist ein weiterer Nützling im Garten, denn sie ernährt sich von Insekten und deren Larven und von Schnecken. Sie schätzt am Komposthaufen besonders die Wärme und sie versteckt sich tagsüber gerne darin, während sie nachts auf Nahrungssuche geht.
Die Blindschleiche genießt die Wärme im Kompost. Im Juli schlüpfen ihre Jungen und finden im Kompost eine geheizte Kinderstube vor. Blindschleichen sind ebenfalls Nützlinge im Garten. Sie fressen Insekten, Schnecken und Schneckeneier. Beim Umschichten des Kompostes solltest du vorsichtig arbeiten, um keine Blindschleiche mit der Mistgabel zu verletzen. Dies gilt natürlich auch für alle anderen Tiere.
Kaninchen bauen auch gerne ihre Höhle im Komposthaufen. Hier bringen sie dann ihre niedlichen Jungen zur Welt. Auch sie schätzen die Wärme, die bei der Umwandlung des Kompostmaterials entsteht.
Der Fuchs hat in den letzten Jahren seinen Lebensraum immer weiter in die Städte hinein verlagert. Deshalb kann er jetzt am Komposthaufen entdeckt werden, wo er genau wie der Marder nach Fressbarem sucht.
Der Komposthaufen ist ein wahrer Gewinn
Für den naturnahen Garten ist ein Komposthaufen ein wahrer Gewinn, denn er trägt wie sonst nichts zur Nahrungskette bei. Von den kleinsten Mikroorganismen bis zu höheren Säugetieren und Vögeln profitieren alle vom Komposthaufen. Die einen durch seine schützende Wärme und die anderen durch sein Nahrungsangebot. Zu guter Letzt profitieren auch die Pflanzen von den Nährstoffen, wenn du den fertigen Kompost auf die Beete aufbringst.
Und wir Gartenbesitzer? Ist es nicht auch für uns ein großer Gewinn, eine Artenvielfalt in unserem Garten zu beherbergen? Gibt es denn etwas Schöneres als eines der letzten wildlebenden Tiere in unserem Garten zu entdecken und vielleicht festzustellen, dass es dort heimisch ist?
Zum Schluss möchte ich auch noch das schöne Gefühl erwähnen, wenn du die von dir und deinen vielen Mithelfern produzierte schwarze Komposterde in die Hand nimmst und ihren wunderbaren Duft einatmest.
Also, warum noch lange zögern? Beginne einfach mit dem Kompostieren deiner Bio- und Gartenabfälle.
Lies auch: Ratten in Lebendfalle fangen
Text und Fotos: © Xenia Marita Riebe
Ich glaube, jetzt weiß ich, warum das mit meinem Komposthaufen nicht funktioniert, er ist viel zu trocken, bekommt so gut wie keinen Regen ab. Ab jetzt werde ich ihm gelegentlich Regenwasser spendieren.
Ja, Wasser ist wichtig für die Lebewesen, die im Kompost die organischen Abfälle verstoffwechseln. Sie werden es dir danken, wenn du ihnen einmal die Woche Regenwasser gibst. Ohne Wasser kein Leben, aber zu viel darf es natürlich auch nicht sein, sonst droht Fäulnis. Liebe Grüße Xenia