Reisetagebuch – Südwest Irland – Rundgang durch Schull in West Cork

Main Street, Schull, West Cork

Mein Mann Bernd und ich verbrachten eine Zeit im kleinen Fischerort Schull in Südwest Irland und erkundeten die Mizen Peninsula.

Tag 15 – 17.11.2017

Wetter: sonnig bis bewölkt – Temperatur 12 Grad – leichter Wind

Stadtrundgang durch Schull

Heute Vormittag gehen wir hinunter ins Town. Wir wollen in den kleinen Buchladen, damit Bernd sich mit Büchern in englischer Sprache eindecken kann. Als wir den Laden betreten, begrüßt uns der große Hund der Inhaberin. Er beschnuppert uns und legt sich danach mitten in den Durchgang zu den hinteren Räumen. Also schauen wir uns zuerst im vorderen Verkaufsraum um und Bernd wird auch schon bald fündig. Ich hingegen möchte in die Abteilung mit den Büchern, die von Irlands Geschichte, seiner Flora und Fauna handeln. Auch Biografien von berühmten und weniger bekannten Iren interessieren mich. Also schiebe ich sanft den Hund zur Seite und zwänge mich an ihm vorbei. Er hebt verschlafen seinen Kopf, schaut mich mit müden Augen fragend an und verfällt wieder in seinen Schlummer, als er merkt, dass ich nichts weiter von ihm will.

Main Street, Schull, West Cork

Auch finde sofort ein Buch, das mich interessiert. Es hat den Titel „Ireland’s Wildlife“ und behandelt sämtliche auf der Insel lebenden Tiere. Es ist in Kategorien eingeteilt. Ein großer Bereich ist den irischen Vögeln gewidmet, die mich besonders interessieren. Aber auch Meerestiere, Insekten und Säugetiere werden genauestens beschrieben und sind jeweils durch ein Foto dargestellt. Wunderbar! Dann finde ich noch ein Buch über die Hungersnot von 1845-49, die mich ebenfalls sehr interessiert. Bernd hat inzwischen mehrere Bücher gefunden und wir bezahlen bei der schlanken Buchhändlerin mit den langen grauen Haaren.

Hafen, Schull, West Cork, Irland

Als wir wieder auf die Main Street treten, scheint uns die Sonne freundlich ins Gesicht und wir gehen hinunter zum Hafen. Hier schaukeln ein paar Boote beschaulich im ruhigen Wasser der Bucht. Abends, wenn die Fischerboote mit ihrem Fang in den Hafen kommen, ist hier mehr los. Dann werden die Boote entladen und die Fische zum Teil in LKWs verladen und fortgebracht. Ein anderer Teil des Fangs wird gleich hier im Hafen zum Verkauf angeboten. Auch Privatleute kommen mit ihren Autos in den Hafen und kaufen ihren fangfrischen Fisch direkt beim Fischer. Ein lustiges Treiben, dem ich immer wieder gerne zuschaue. Beinahe direkt am Kai mündet ein kleiner rühriger Fluss, der am Fuße des Mount Gabriel entspringt. Er plätschert vergnügt eine kurze Strecke durch den Ort, bevor er sich mutig in den Ozean stürzt.

Segelschule, Schull, Irland

In Hafennähe befindet sich das „Fastnet Marine Outdoor Education Centre“. Hier kann man oft beobachten, wie Segelschüler in kleinen Jollen Segelunterricht bekommen. Sie kreuzen dann in Gruppen von 10 oder mehr Jollen in der Bucht umher und reagieren auf die Anweisungen des Segellehrers, der sie mit einem Schlauchboot mit Außenbordmotor begleitet. Die Kommandos sind weithin zu hören und es macht Freude, den Booten zuzuschauen.
Schull ist auch Austragungsort der „Fastnet International Schools Regatta“. Fastnet Rock, mit seinem 54 Meter hohen Leuchtturm, liegt gleich vor Schulls Haustür, nämlich jenseits der Insel Long Island, die der Schull Harbor Bucht vorgelagert ist. Fastnet Rock ist der Wendepunkt für das Fastnet-Rennen für Hochseeyachten, das hier in ungeraden Jahren stattfindet.

Ortseinfahrt, Schull, West Cork, Irland

Am Fluss vorbei gehen wir durch eine Grünanlage mit Fitnessgeräten und Kinderspielplatz – alles natürlich mit Meerblick – und treffen bald wieder auf die Straße. Was wir jetzt sehen, faszinierte mich schon, als wir vor 20 Jahren eher zufällig nach Schull kamen und uns gleich in das Örtchen verliebten. Es ist die Reihe von Palmen, die mit ihren dichten Büscheln von Palmwedeln einen südlichen Flair verbreiten. Sie säumen die breite Einfahrtsstraße in den Ort, die freilich kurz darauf zu einer recht engen Ortsdurchfahrt wird. Gleich am Ortseingang, dem sogenannten East End, steht das Schull Habour Hotel, mit seiner schönen weißen Fassade. Ihm schließt sich Nickis Kitchen an, das kleine Restaurant, in dem wir oft zu Mittag essen. Es wird von vier freundlichen Frauen betrieben, die in der Küche, die nur mit einer Theke vom Gastraum abgetrennt ist, kochen und backen was das Zeug hält. Sie sind Köchinnen und Bedienung zu gleich, laufen in ihren Küchenschürzen zwischen den weißen Tischen herum und verbreiten eine heitere Atmosphäre.

St. Mary`s Church, Schull, West Cork, Irland

Heute gehen wir vorerst daran vorbei und schauen uns erst einmal die Kirche an. St Mary`s Church steht erhaben im geschäftigen Treiben der kleinen Stadt und hebt sich klar vom blauen Himmel ab. Wir treten ein und sind überrascht von der Schlichtheit der Kirche. Da sind wir von den katholischen Kirchen des Rheinlands – und natürlich auch anderen Orts – doch anderes gewohnt. Aber mir gefällt das bescheidene Innere dieser Kirche. Gleich nebenan befindet sich das Gemeindehaus, in dem wir kürzlich das Theaterstük „No Man`s Land“ von Harold Pinter erleben durften. Auf der anderen Straßenseite gibt es ein chinesisches Take Away und das „The New Haven“ Restaurant.
Weiter führt uns unser Stadtrundgang vorbei an einem Laden, der sich „East meets West“ nennt, und wo allerlei Dinge aus Indien und Fernost verkauft werden. Jenseits befindet sich neben dem Geschäft des Maklers O`Keeffe der Bioladen des Orts, der klein, aber sehr gut sortiert ist. Hier kaufen wir erst einmal eine Packung Müsli. Vom Eingang des Bioladens schauen wir auf die gegenüberliegende Häuserfront – wir befinden uns auf der Main Street – und sehen dort „Hackett`s Bar“ mit seiner schönen roten Holzfassade, daneben das „Waterfront“ Restaurant, das zu Zeit geschlossen ist und den Pub „The Black Sheep“, in dem wir so manches Mal gefeiert haben, der aber leider ausgebrannt ist.
Doch wir gehen erst einmal in die Pier Road hinunter, vorbei an O´Regens Bar“ und biegen ab in die South Terrace. Hier hat ein Freund von uns vor ein paar Jahren 17 Ferienhäuser gebaut und wir wollen mal schauen, was daraus geworden ist. Die Häuser sehen proper aus und scheinen alle bewohnt zu sein, was man an den Dekorationen der Fenster sehen kann. Tourismus ist in Schull ein gutes Geschäft.
Da es nun bereits Mittag ist, gehen wir zurück zum Hafen und essen im Fisch Shop erst einmal Fish and Ships, sehr köstlich.
Für unseren Heimweg wählen wir dieses mal nicht die Coastal Road Variante, die uns vorbei am Meeresstrand und am Friedhof führen würde. Wir wollen heute durch den Ort zurückgehen, auch, damit ich diesen hier weiter beschreiben kann. Also gehen wir zurück zur Main Street. Unser Weg führt jetzt bis zu unserem Cottage immer bergauf, gut, um das reichlich fette Mittagessen zu verdauen.

Main Street, Schull, Irland

Bald kommen wir am Centra Supermarkt vorbei, dessen Inhaber unser Freund ist und der auf der anderen Straßenseite auch noch einen Hardware Shop betreibt. Hier gibt es auch eine Pharmacy, eine Postfiliale, eine Metzgerei und den zweiten Charity Shops des Ortes. Auf der Main Street gibt es auch einen Blumenladen, dessen Verkäuferin leider keine Blumensträuße binden kann, mehrere Boutiquen, ein Sportgeschäft, einen Frisör, Newmanns Weinbar, einen Laden für Geschenke und Kinderspielzeug und einen Kopierladen. Das Angebot ist ganz schön weit gefächert, für einen kleinen Ort wie Schull mit gerade einmal 660 Einwohnern.
An der Kreuzung Main Street und Ardmanagh Road steht das trotzige Bankgebäude der Allied Irish Banks, das schon seit Jahren leersteht. Heute kommt dreimal in der Woche ein Bus der Bank vorbei, der auf dem Parkplatz hinter dem Supermarkt steht. Hier machen die Leute ihre Bankgeschäfte.

Bunratty Inn , Schull, Irland

Gegenüber der Bank befindet sich die Leihbibliothek, die immer gut besucht ist. Wir werfen noch einen Blick auf unseren Lieblingspub, „The Bunratty Inn“, und biegen ab in die Colla Road. Vorbei führt unser Weg an der zweiten Kirche des Orts, der „Holy Trinity Church“ und wir kommen bald am Planetarium vorbei. Das Planetarium, das einzige in Irland, wurde gebaut, weil ein deutscher Industrieller, der inzwischen verstorbene Josef Menke, das Vorhaben großzügig finanziell unterstützte. Josef Menke und seine Familie waren häufige Feriengäste in Schull und verliebten sich, wie so viele andere, in den besonderen Charme des Örtchens. Menke bot der Stadt an, das Planetarium zu finanzieren, wenn diese das Gebäude dafür zur Verfügung stellt. Die Stadt entschied daraufhin, das Planetarium dem örtlichen College anzugliedern und so wurde das Projekt realisiert. Man baute einen acht Meter hohen Dom, in dem ein Carl Zeiss Sternhimmel-Projektor eine genaue Abbildung des Nachthimmels der nördlichen Hemisphäre zeigt. Die Schau dauert 45 Minuten und der Eintritt beträgt 6,-€. Ein Highlight jedes Besuchs in Schull.
Das Schull Community College besuchen beinahe alle Kinder und Jugendlichen des Ortes. Es ist eine weiterführende Schule mit Ganztagsunterricht. Wie überall in Irland tragen die Jungen und Mädchen hier eine Schuluniform. Da sie oft aus entlegenen Gegenden rund um Schull kommen, herrscht hier morgens und abends viel Verkehr. Die Schüler werden größtenteils von ihren Eltern gebracht und auch wieder abgeholt. Die älteren Schüler fahren natürlich selbst zur Schule, so sieht man hier viele geparkte Autos mit dem roten Großbuchstaben L, für Learner, an der Windschutzscheibe.

Planetarium, Schull, Irland

Weiter geht es bergan und wir kommen am St. Gabriels Hospital vorbei. Das kleine Krankenhaus wurde 1942 erbaut und dient heute überwiegend als Senioren- und Pflegeheim. Kurz vor der Ruine der alten Kirche und vor dem örtlichen Friedhof, biegen wir ab in die Barrys Road und gehen durch denn Hohlweg bergan, gehen noch einmal nach links in eine schmale Straße ohne Namen und kommen schließlich zurück zum Cottage.
Übrigens heißt Schull auf gälisch Scoil Mhuire oder An Scoil, was Mary’s School bedeutet. Es liegt an der Südwestküste Irlands im County West Cork und auf der Mizen Halbinsel. Die Stadt wird vom Mount Gabriel überschaut, der 407 Meter hoch ist. Sie wurde 1199 zum ersten Mal in einem Brief von Pabst Innocent III an den Bischof von Cork urkundlich erwähnt.
Schull hatte einmal eine Bahnstation und war der westlichste Haltepunkt der Schull – Skibbereen – Railway, einer Schmalspurstrecke, die mit Dampfloks betrieben wurde. Die Strecke wurde 1886 eröffnet und 1947 geschlossen.

Text und Fotos: © Xenia Marita Riebe

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