Reisetagebuch – Südwest Irland – Mit dem Bus Ēireann nach Cork
Mein Mann Bernd und ich verbrachten eine Zeit im kleinen Fischerort Schull in Südwest Irland und erkundeten die Mizen Peninsula.
Tag 14 – 16.11.2017
Wetter: sonnig bis bewölkt – Temperatur 13 Grad – schwach windig
Wir haben einiges in Cork zu erledigen, aber wir wollen uns Cork auch noch einmal anschauen, denn unser letzter Besuch dort liegt schon Jahre zurück. Die Stadt ist die größte im Süden Irlands und auch der Verwaltungssitz der gleichnamigen Grafschaft Cork. Hier liegt auch der Flughafen, auf dem wir vor fast zwei Wochen angekommen sind. Da wir keine Lust haben, mit unserem kleinen Auto den weiten Weg zu fahren – es sind eigentlich nur 100 Kilometer, die sich aber auf irischen Straßen sehr viel weiter anfühlen – beschließen wir, mit dem Bus zu fahren. Der Bus Ēireann verkehrt dreimal am Tag zwischen Schull und Cork und die Fahrtzeit beträgt ca. 2 Stunden und 40 Minuten. Der Fahrtpreis ist allerdings gepfeffert. Die einfache Strecke kostet 20,-€ pro Person. Wir kaufen Return-Tickets und zahlen dafür für uns beide 80,-€.
Der Bus kommt einigermaßen pünktlich und wir steigen ein. Die Sitze sind recht unbequem, denn der Bus scheint nicht der Neueste zu sein, aber die Fenster sind groß und sauber, sodass wir die Fahrt durch die schöne Landschaft genießen können. Leider hat der Bus im vorderen Bereich einen Monitor, der die Bilder einer Videokamera zeigt, die aus der Sicht des Fahrers die Fahrt eins zu eins überträgt. Dies macht mich ein wenig nervös, denn so habe ich das Gefühl, dauernd auf den Straßenverkehr achten zu müssen. Entspannend ist das nicht. Wegschauen fällt allerdings auch nicht leicht, denn alle bewegten Bilder ziehen das Auge magisch an. Trotzdem versuche ich, so oft wie möglich einfach aus dem Fenster zu schauen. Felsige Hügel, spärlich mit Grün bewachsen, ziehen vorbei. Weiden mit Kühen oder Schafen darauf, kommen ins Blickfeld. Kleine Meiler, mit den typisch irischen Häusern in knallbunten Farben, werden rasch durchfahren. Dann kommt der Ilen River in Sicht und schon bald sind wir in Skibbereen. Dort hat der Bus ein paar Minuten Aufenthalt. Leute steigen ein und aus, verstauen ihr Gepäck im Gepäckraum und nehmen es heraus. Es ist ein ziemliches Gewusel da draußen vor dem Bus. Dann erklingt die Tonbandstimme, die draußen die Fahrgäste warnt. „Please stay away! storage door is operating!“
Und schon geht die Fahrt weiter. Sie führt uns durch Leap, wo immer noch ein paar gruselige Gestalten von der Halloween-Veranstaltung in den Bäumen hängen oder in Ecken hocken. Auf einer Mauer liegt der kopflose Körper eines Mannes. Doch der winzige Ort ist schnell durchfahren.
Plötzlich biegt der Bus von der Hauptstraße ab und fährt den Berg hinauf. Bernd erinnert sich, dass er zu einem Marktplatz will, der auf ziemlicher Höhe liegt. Und tatsächlich fahren wir wenige Minuten später auf einen Platz, der idyllischer nicht sein könnte. Hier stehen vielleicht fünfzehn Häuser, darunter drei Pubs und ein Hotel. Die restlichen haben im Erdgeschoss kleine Läden. Beinahe alle Häuser haben historische Holzfronten in bunten Farben. Wir sind in einem Unterzentrum von Rosscarbery. Hier ist es so beschaulich, dass ich glaube, nie ein gemütlicheres Town in Irland je gesehen zuhaben. Der Hauptteil des Ortes verteilt sich über die Hänge bis hinunter zum breiten Mündungsdelta des Rosscarbery River. In früheren Zeiten, so um das 6. Jahrhundert, war der kleine Ort einmal ein wichtiges Oberzentrum, Universitätsstadt und eine der wichtigsten Städte in Europa. Heute leben hier knapp 600 Einwohner, doch im Sommer kommen viele Touristen, die von den drei schönen Sandstränden angezogen werden, die zu Rosscarbery gehören. Auf dem kleinen Marktplatz warten einige Fahrgäste und als diese eingestiegen sind geht die Fahrt weiter.
Unterwegs auf der Strecke hält der Bus auch schon einmal auf Handzeichen, denn die Haltestellen liegen für Fußgänger sehr weit auseinander. Ab Clonakilty, der nächsten größeren Stadt, hält der er dann regelmäßiger. Und als wir nach Bandon kommen, einem kleinen Städtchen, das ca. 30 Kilometer von Cork entfernt liegt, darf niemand mehr einsteigen. Die Haltestellen von hier bis Cork sind reine „Drop-off Stops“. Das erscheint uns seltsam, macht aber Sinn, denn für kurze Strecken verkehren hier kleinere Stadtbusse.
Dann durchfahren wir einen letzten Kreisverkehr und verlassen die Nationalstraße. Jetzt quält sich der Bus durch den Innenstadtverkehr und braucht bis zum Busbahnhof noch gute 30 Minuten.
Am Busbahnhof springt Bernd in einen Bus zum Flughafen, denn er muss dort eine Unterschrift leisten. Wir wollen ein paar Tage länger bleiben und auch unseren kleinen Leihwagen länger behalten. Das ließ sich nicht telefonisch regeln, was auch ein Grund für unseren Ausflug ist. Wir sind natürlich nicht begeistert davon, dass in Zeiten des Internets, Kunden gezwungen werden, 200 Kilometer zu fahren, nur um eine Unterschrift zu leisten. Der Leihwagen ist von der Firma Budget. Dies war wohl keine gute Wahl!
Ich bleibe in der Innenstadt, trinke erst einmal einen Tee in einem netten Café und schaue mich ein wenig um. Ich befinde mich in der Altstadt von Cork. Hier sind die Gassen schmal und viele Häuser haben die typische Holzfront. Nur sind die Farben, mit denen sie gestrichen sind, hier etwas gediegener, jedenfalls nicht ganz so bonbonfarben wie sonst üblich. Da Vorweihnachtszeit ist, sind viele Häuser mit Lichterketten geschmückt. Auch die städtische Weihnachtsbeleuchtung ist schon eingeschaltet. Es gibt hier eine weitläufige Fußgängerzone. Auffällig ist, dass es keine Läden der großen Handelsketten gibt, dafür viele kleine Einzelhändler.
Nach dem Tee gehe ich zum „Old English Market“, einer Markthalle für Lebensmittel. Hier wird Gemüse, Brot, Käse, Wust, Fleisch, Fisch und Geflügel angeboten. Alle Marktstände haben ihre Ware schön dekoriert. Es ist ein Genuss, so manche Auslage anzuschauen. Als Vegetarierin halte ich mich aber natürlich nicht vor den Fleischständen auf.
Dann treffe ich Bernd am Busbahnhof wieder und wir gehen zusammen zum River Lee, der hier eingedeicht ist, und schauen uns die schönen Häuser an, die sich im glatten Wasser spiegeln. Dann schlendern wir über die St. Patrick`s Street, mit ihrem großstädtischen Flair und gehen in den einen oder anderen Laden, um unsere Besorgungen zu machen.
Cork, auf gälisch Corcaigh, was Marschland bedeutet, ist die zweitgrößte Stadt Irlands und hat 125 000 Einwohner. Weitere 70 000 Menschen leben in den Vorstädten im Umland von Cork. Die Stadt verdankt ihre Gründung einem Kloster, dass der Heilige Finbarr um 600 n.Ch. Hier gebaut haben soll. Im Laufe der Geschichte unterlag sie vielen Einflüssen von außen. So waren dort die Wikinger und die Normannen ansässig. Im 18. Jahrhunderts kamen französische Hugenotten auf der Flucht vor religiöser Verfolgung nach Cork. Auch kam es immer wieder zu großen Zuwanderungswellen aus dem ländlichen Umfeld. Die Menschen suchten in der Stadt Zuflucht vor Armut und Hungersnöten. Über den Hafen Cork verließen nach der letzten großen Hungersnot von 1845-49 etwa 3 Millionen Menschen Irland.
Ende des 18. Jahrhunderts erlebte Cork durch den stark expandierenden Hafen einen wirtschaftlichen Aufschwung. Glasmanufakturen entstanden und durch den Butterexport nach Europa und Nordamerika erlangte Cork einen beträchtlichen Wohlstand. Im 19. Jahrhundert entstanden in Cork einige Brauereien und Destillerien. Schiffsbaubetriebe wurden gegründet und die Stadt bekam Anschluss an das Eisenbahnnetz. 1849 öffnete die Universität zum ersten Mal ihre Tore.
Heute ist Cork eine moderne Stadt, auch wenn viele Bauwerke noch an die bewegte Vergangenheit erinnern. Es gibt hier so viele Sehenswürdigkeiten, dass man sie nicht alle an einem Tag, ja nicht einmal an einem Wochenende besichtigen kann. Wir schauen uns die Holy Trinity Church und das Rathaus an und statten dem Bahnhof einen kurzen Besuch ab. Und dann müssen wir auch schon wieder zum Bus. Es ist bereits dunkel und von der Heimfahrt sehen wir nicht viel. Nur bei der Durchfahrt durch die Ortschaften, gibt es für kurze Zeit etwas zu sehen. Ansonsten umschließt uns schwarze Dunkelheit. Doch wir sind müde und kuscheln uns in die Sitze des Busses, die bedeutend gemütlicher sind als auf der Hinfahrt.
Endlich treffen wir wieder in Schull ein. Noch schnell ein Pint im Bunratty Inn und dann gehen wir bergauf zurück zu unserem Cottage.
Ein anstrengender, aber sehr interessanter Tag geht zu Ende.
Text und Fotos:© Xenia Marita Riebe
Schreibe einen Kommentar