Ujang im Frühling
Hallo, ich bin Ujang. Ich bin ein Orang-Utan Kind und lebe normalerweise mit meiner Familie auf der Insel Borneo. Wir haben dort ein tropisches Klima. Es ist warm und regnet oft. Jahreszeiten gibt es bei uns nicht.
Doch weil ich wissen möchte, wie der Frühling ist, bin ich nach Deutschland gekommen.
Na, dann lauf ich mal los. Durch das saftige Gras, vorbei am blühenden Löwenzahn. Mal sehen, ob ich ein paar schöne Blumen finde.
Ah, ich habe einen Busch mit schönen gelben Blüten entdeckt. Da bin ich einfach hinaufgeklettert. Klettern kann ich gut, denn wir leben im Urwald immer auf Bäumen. Dort gibt es leckere Früchte und auch viele Blüten. Aber sie sind ganz anders als diese hier.
Ich bin neugierig, ob die Blüten duften. Mal kurz schnuppern. Na ja, so besonders gut duften sie nicht.
Also gehe ich mal weiter. Ich möchte noch mehr Blüten sehen. Doch zuerst muss ich mich durch den jungen Farn kämpfen.
In was bin ich denn hier hineingeraten? Die Blätter sind ja beinahe so groß wie bei uns zu Hause im Dschungel. Und was sehe ich da drüben? Einen Baum voller Blüten. Da muss ich hin.
Schwupps, bin ich hochgeklettert. Er ist ganz schön hoch, der Baum. Natürlich kein Vergleich zu einem Urwaldriesen, aber immerhin. Und all diese duftenden Blüten und die fleißigen Bienen, die um mich herumsummen.
Wie weit man hier schauen kann! Das geht bei uns im Urwald nicht so gut. Nur wenn wir in die Spitze eines Baums klettern, können wir ein wenig über den Dschungel schauen.
Doch seit ein paar Jahren wird der Urwald immer kleiner und neulich sah meine Mutter von ganz oben eine Plantage mit lauter Palmen. Das hat sie sehr traurig gemacht.
Ich schwing mich mal wieder hinunter. Da unten habe ich etwas Interessantes gesehen.
Juhu, eine Affenschaukel! Das macht Spaß! Das ist genau das Richtige für einen kleinen Orang-Utan!
Ha ha, spielen macht Spaß, besonders an einer so schönen lila Blüte.
Aber spielen macht auch müde. Ich werde mich auf dem weichen Blatt ein wenig ausruhen und die Bienen beobachten, die von Blüte zu Blüte fliegen.
Nun habe ich aber genug ausgeruht! Ich gehe mal weiter. Mal sehen, was ich noch so entdecke.
Ich hangle mich mal ein bisschen durch die Sträucher. Von hier oben kann ich Ausschau nach weiteren Blumen halten.
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Oh, da liegen ja Eier! Die sind aber bunt. Ob der Vogel wohl in der Nähe ist? Im Urwald wage ich mich besser nicht an ein Nest mit Eiern heran. Die Vogeleltern können sehr wütend werden.
Ich werde mich vorsichtig anpirschen. Mal sehen, ob ich mich näher heran wagen kann.
Zum Glück sind die Vogeleltern nicht da und ich kann mir die Eier aus der Nähe anschauen. Solch bunte Eier habe ich noch nie gesehen. Ich möchte gerne eines davon mitnehmen. Aber es ist zu schwer für mich.
Doch schon habe ich etwas Neues entdeckt. Wasser! Schnell laufe ich hin und will hinüber zu dem Strauß leuchtend gelber Blüten. Dabei hole ich mir nasse Füße. Doch das macht nichts. Ich bin nicht so empfindlich. Im Dschungel spiele ich oft in Schlammpfützen. Das macht mir riesigen Spaß.
Ich durchquere den gelben Blütenwald und stehe plötzlich vor zwei weißen Blüten auf langen Stängeln. Da sehe ich über mir ein seltsames Häuschen.
Über eine Kletterrose in der Nähe erreiche ich das Häuschen und hüpfe hinein. Drinnen ist es dunkel und ich bekomme ein wenig Angst. Schnell stecke ich den Kopf durch die Öffnung und schaue nach draußen. Jetzt finde ich es hier oben ganz gemütlich. Aber ich fühle, dass ich müde werde. Deshalb klettere ich auf den Boden zurück.
Ich hangele noch kurz an einer Bambusstange und fühle mich dabei wie zu Hause.
Dann suche ich meinen Weg zurück durch ein Meer von blauen Blüten.
Ich habe mein Herz an den Frühling verloren und ich komme ganz sicher wieder. Vielleicht im Herbst.
Fotos und Text: © Xenia Marita Riebe
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